Die Geschichte mit dem Hammer

Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleicht war die Eile nur vorgeschützt, und er hat etwas gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts angetan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht's mir wirklich. - Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch noch bevor er "Guten Tag" sagen kann, schreit ihn unser Mann an: "Behalten Sie sich Ihren Hammer, Sie Rüpel!"*

Jede Kommunikationssituation kann Missverständnisse verursachen, schließlich begegnet man ständig neuen Menschen, Situationen und Umständen. Selbst das ausgereifteste Verhaltensrepertoire schützt nicht vor Kränkungen. Das von Paul Watzlawick stammende Beispiel zeigt plakativ, wie Menschen sich durch ihre eigenen Gedanken kränken lassen. Die Interpretation des flüchtigen Grußes reicht aus, um ein Konstrukt aus Kränkung, Wut und weiteren Interpretationen aufzubauen. Der Nachbar hat dabei weder die Gelegenheit das Missverständnis - so es eines war - aus der Welt zu schaffen, noch die Chance auf eine faire Meinungsbildung. Da der Nachbar von den aggressiven Gedanken jedoch nichts weiß, schadet sich der Mann im Grunde zunächst nur selbst. Die Unterstellung, der Nachbar vergifte das Leben anderer, verursacht zudem nicht nur Ärger und Angst, sondern wertet ihn zugleich gedanklich ab. Und mit dem empörten Versprechen, jedem seinen Hammer zu leihen, unterstreicht der Mann selbstwertdienlich seine Überlegenheit. 

 

Was wäre passiert, wenn der Mann sich durch den flüchtigen Gruß nicht gekränkt gefühlt hätte? Wie könnte die Geschichte weitergehen? Kann Kommunikation in diesem Fall überhaupt noch gelingen? Wenn ja, wie? Wären Sie der Nachbar, wie würden Sie reagieren? Und wie oft steckten Sie bereits in den Schuhen des gekränkten Mannes? Wie viel Macht geben Sie Ihren vorschnellen Interpretationen? 

 

Diesen und weiteren Fragen widmen wir uns auch in meinem Buch "KRÄNKUNGEN - Was sie wert sind und wie wir sie überwinden".

 

* Watzlawick, P.: Anleitung zum Unglücklichsein. Vollständige E-Book Ausgabe der 1983 erschienenen Taschenbuchausgabe - München: Piper Verlag, 2010.  

 


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Kommentare: 1
  • #1

    Somayeh Fahimi (Donnerstag, 13 Februar 2025 14:47)

    Warum Kommunikation wichtig ist ,um Missverständnisse zu vermeiden.
    In unsere alltäglichen Kommunikation entstehen Missverständnisse oft schneller,als wir denken.Ich möchte euch zeigen,wie diese Probleme vermeiden werden können,indem Menschen einfach miteinander reden.

    Stell Dir vor,man kann große Probleme aus kleinen Missverständnisse machen.Ein Mann fühlt sich plötzlich verletzt,weil ein Nachbar ihn flüchtig gegrüßt hat.Hätte er einfach gefragt,was los ist,wäre nicht passiert.
    Missverständnisse entstehen meist,weil wir schnell urteilen. Anstatt zu denken,dass uns anderen schnell behandeln,sollten wir herausfinden,was wirklich los ist .Daher sollten wir nicht direkt annehmen,dass jemand uns absichtlich verletzt.
    Stell Dir vor,die Situation wäre entspannter verlaufen,wenn der man sich nicht sofort gekränkt gefühlt hätte .Der Nachbar und er könnten Problemlos reden und alle Missverständnisse klären. Wenn ich der Nachbarin wäre ,würde ich mit diese Reaktion ruhig bleiben. Da ich Psychologie studiert habe,kenn ich gut die Verhaltensweisen der Menschen und verstehe ,warum Menschen so verhalten. Deshalb versuche ich immer diese sofortige Reaktion vermeiden.
    Zusammenfassung lässt sich sagen ,offene Kommunikation der beste Weg ist,Missverständnisse vermeiden zu können und Konflikte überwinden.
    Jeder kann davon profitieren,einfach miteinander zu reden und Probleme anzusprechen,bevor sie so groß werden.