Schlechte Nachrichten zu überbringen bereitet wohl den meisten Menschen Schwierigkeiten. Umgekehrt sind wir sehr empfindlich, wenn wir selbst negative Rückmeldungen bekommen. Die scheinbare Wahlmöglichkeit "Zuerst die gute oder die schlechte Nachricht?" soll den schwierigen Umstand erleichtern. Doch wirkt diese Taktik tatsächlich?
Forscherinnen der University of California stellten fest, dass Sender/innen und Empfänger/innen von Nachrichten eine unterschiedliche Reihenfolge bevorzugen. Empfänger/innen entschieden sich mit großer Mehrheit für die zunächst schlechte Nachricht. Vermag doch die darauffolgende positive Information die schlechte Nachricht zu relativieren, so die Forscherinnen. Bei den Sender/innen zeigte sich eine umgekehrte Präferenz. Sie zogen es vor, zunächst die gute Nachricht zu übermitteln. Die Wissenschaftlerinnen gehen davon aus, dass ihnen das Überbringen der Nachricht unangenehm ist und sie es daher hinauszögern wollen.
Um herauszufinden, ob die Sender/innen ihre Übermittlungsstrategie an die Vorlieben der Empfänger/innen anpassen würden, führten die Psychologinnen eine weitere Studie durch. Die Probanden/innen mussten dafür einer unbekannten Person die Rückmeldung zu einem durchgeführten Persönlichkeitstest geben. Das Testergebnis schrieb der Person sowohl wünschenswerte als auch negative Persönlichkeitsmerkmale zu. Die Hälfte der Probanden/innen musste sich in die unbekannte Person hineinversetzen und hatte zu berücksichtigen, dass die negativen Nachrichten durchaus verletzen könnten. Die zweite Hälfte erhielt keine Instruktion. Tatsächlich änderten die Überbringer/innen der Nachricht die Reihenfolge so ab, dass sie vermehrt zunächst die schlechte Nachricht mitteilten, wenn sie an die mögliche Verletzung erinnert wurden. Doch wie sinnvoll ist die Extraportion Empathie für den/die Empfänger/in?
Die Reihenfolge der guten und schlechten Nachrichten erzeugt in den Empfänger/innen unterschiedliche Reaktionen. Endete die Rückmeldung mit positiven Informationen über ihre Persönlichkeit, waren sie grundsätzlich weniger dazu bereit, an ihren negativen Verhaltensweisen zu arbeiten. Erhielten sie hingegen zuletzt die negative Rückmeldung, zeigten sie anschließend eher die Bereitschaft, ihr Verhalten zu ändern und damit die Gesamtsituation zu verbessern. Oder anders gesagt, die negative Rückmeldung am Ende schien die Teilnehmer/innen - trotz anfänglicher Bedrückung - dazu zu motivieren, an ihren Unzulänglichkeiten zu arbeiten.*
Wenn Sie zukünftig eine gute und eine schlechte Nachricht zu überbringen haben, lohnt es sich, Ihrem Gegenüber zu erzählen, dass die schlechte Nachricht am Ende persönliches Wachstum anregen kann, da es zum Reflektieren anregt. Vielleicht entscheiden sich die einen oder anderen Mutigen dafür und Sie helfen ihnen beim Vorwärtskommen?
Bekommen Sie dagegen die Gelegenheit, die Reihenfolge der guten und schlechten Nachricht, die man Ihnen überbringt, zu bestimmen, nutzen Sie sie und wählen Sie die gute zuerst. Manchmal sind unangenehme Nachrichten genau das, was wir brauchen, um den nächsten Schritt zu gehen, um Illusionen hinter uns zu lassen und gleichzeitig dabei zu wachsen. Nur Mut!
In diesem Sinne, herzlichst
Tamara Nauschnegg
* Legg, A. M., Sweeny, K.: Do you want the good news or the bad news first? The nature and consequences of news order preferences. IN: Personality and Social Psychology Bulletin, 40, 2014, 279-288.
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Izumi Mizukawa (Sonntag, 03 Mai 2020 12:07)
Es kommt auf die Nachricht an. Weil wenn die Gute um einiges besser ist, bin ich der Meinung das man zuerst die Schlechte sagen sollte und danach erst die Gute. Weil jeder mag Happy End's.
LG Izumi :)
Tamara Nauschnegg (Montag, 04 Mai 2020 11:46)
Vielen Dank für die perfekte Ergänzung! Ich muss zugeben, mir ist diese Variante natürlich auch am liebsten! Je mehr Happy Ends umso besser! ;-) Aber dann gibt es auch jene Zeiten, in denen wir lernen (müssen). Hier kann es sinnvoll sein, den Blickwinkel zu wechseln! ;-)
Herzlichst, Tamara Nauschnegg :-)